So, 08.12.2024, 01:00 Uhr - 02:35 Uhr | SRF 1
Queen Elizabeth II. von England (Helen Mirren) gefällt es gar nicht, dass sie ihre Untertanen nach dem Unfalltod ihrer früheren Schwiegertochter Diana an die Spitze eines heftig trauernden Massenauflaufs tragen wollen. Sie weigert sich, medienwirksam zu schluchzen und salbungsvolle Worte zu finden für eine Frau, deren Flirt mit dem internationalen Showbiz sie immer zutiefst missbilligt hatte. Stattdessen geht die Queen mit Prinz Philip (James Cromwell), Prinz Charles (Alex Jennings), Queen Mum (Sylvia Syms) und den beiden Knaben erst einmal auf Moorhuhnjagd.
Das nehmen ihr die Britinnen und Briten gewaltig krumm. So riesig ist des Volkes Trauer um seine «Rose von England», dass es wahre Berge von Blumengebinden vor den Toren des Buckingham Palace ablädt. Flankiert wird das Blumenmeer von zunehmend empörten Untertanen, die auf ein Zeichen königlicher Anteilnahme warten. Doch die Royals schweigen. Wie der Ruhepol im Auge des Sturms steht die gefühlskalte Queen. Neben ihr «glänzt» gleichzeitig Prinz Philip (James Cromwell) mit rassistisch-homophoben Ausfällen. Queen Mum (Sylvia Syms) sieht die Vorbereitung zur eigenen Begräbnisfeier von Dianas «Coup» durchkreuzt, und der hilflos-zaudernde Prinz Charles (Alex Jennings) krallt sich an den jungen Premier Tony Blair (Michael Sheen), wobei er diesen um Beistand gegen die dominante Mutter förmlich anfleht.
Zahllose Sach- und Kolportagebücher haben es in den letzten Jahren unternommen, die globale Anteilnahme, die der Unfalltod von Lady Di auslöste, zu beleuchten. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet der dezidiert linke britische Filmemacher Stephen Frears («High Fidelity») mit dem Spielfilm «Die Queen» Elisabeth II. und ihrem angestaubten Verständnis von Krone und Königtum mehr Respekt entgegenbringt als jene, die während der Trauer um Lady Di nach Modernisierung der Monarchie gerufen hatten. Gefordert wurde damals von der Queen mehr Mediengewandtheit, mehr Glamour, mehr Volksnähe – all das, was Diana aufs Beste verkörpert hatte.
Frears Film zeigt nun, wie Tony Blair – grossartig verkörpert von Michael Sheen – sich zuerst zum Sprecher jener Leute in Grossbritannien macht, die sich eine angemessene Reaktion der Queen auf den Tod von Lady Di hin wünschten. Später, mit Fortschreiten der Affäre, setzt beim Premierminister ein Wandel ein. Zum Schluss mischt sich bei ihm zur Freude über den Zuwachs an Popularität so etwas wie Respekt für eine Königin, die nicht willens ist, auf den schönen neuen Medienzug aufzuspringen.
Die Wahl von Helen Mirren als Queen Elisabeth II. muss im Nachhinein als kleiner Geniestreich bezeichnet werden. Die britische Film- und Fernsehschauspielerin schafft es nämlich, die Königin gleichzeitig als unnahbare Tyrannin und doch auch als menschliches Wesen darzustellen und wurde dafür mit einem Oscar belohnt.
Genre | Drama |
Jahr | 2006 |
Land | GB, Italien, F |
FSK | 12 |
Darsteller | Helen Mirren, Michael Sheen, James Cromwell, Sylvia Syms, Alex Jennings, Helen McCrory |
Regie | Stephen Frears |
Drehbuch | Peter Morgan |
Kamera | Affonso Beato |
Musik | Alexandre Desplat |
1 von 1 Nutzern fanden diese Bewertung hilfreich: Mo, 08.02.2010 von 8martinHelen ist die QueenDer Film ist nicht nur eine Perle für anglophile Monarchisten, er bringt auch denen etwas, die an Zeitgeschichte interessiert sind, denn er ist historisch äußerst genau. Genial hat Frears und sein Drehbuchautor just einen Ausschnitt aus der langen Regentschaft von Elisabeth II. herausgegriffen, in dem mit dem Tod von Prinzessin Diana und der Reaktion der Queen daraufhin die Frage nach dem Sinn der Royals in der heutigen Zeit überhaupt diskutiert wird. Auch die einflussreiche letztlich für die Queen rettende Rolle von Premierminister Tony Blair wird genau beleuchtet. Den Part der Antimonarchisten übernimmt rotzfrech und schwungvoll Cherie Blair. Mit großem Einfühlungsvermögen, geistreichen Dialogen, subtiler Ironie und Liebe zum Detail ist der Film ein Leckerbissen für jeden aufgeschlossenen Zeitgenossen. Helen Mirren spielt nicht nur die Rolle der Queen, sie ist die Queen. Nicht nur, weil sie ihr so ähnlich sieht. Man begreift, dass sie ein Produkt ihrer Erziehung ist. Sie hat gelernt, dass man keine Gefühle zeigt. Folglich trägt sie auch nicht das Herz auf der Zunge, sondern macht viel eher aus ihrem Herzen eine Mördergrube. Man versteht ihr Verhalten, spürt die eisige Distanz zu ihrer Umgebung, unter der sie vielleicht sogar leidet und hat am Ende verständnisvolles Mitleid mit der letzten großen Monarchin unserer Zeit.War diese Bewertung hilfreich? |
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