Do, 15.01.2009TV | Gorky ParkKalter Krieg im WinterDer Altmeister Michael Apted lieferte 1983 einen Klassiker unter den Agententhrillern. Er hat die Atmosphäre des Kalten Krieges anschaulich eingefangen, eine Zeit, in der sich KGB und CIA bespitzelten und versuchten, sich gegenseitig das Handwerk zu legen. Grosse Stars sind zu sehen, u.a. die seltene Joanna Pacula (Tochter des berühmteren Vaters (Regisseur), aber auch William Hurt und Lee Marvin überzeugen. Der Spannungsbogen reicht von drei gesichtslosen Leichen im besagten Park bis hin in höchste Kreise des Geheimdienstes und damit des Staates. Es geht um das russische Zobelmonopol. Handwerklich tadellos: gute Kampfszenen, gekonnte Verfolgungsjagden lange bevor man von der Handycam sprach, aber alles wohl dosiert und abwechslungsreich in Tempo und Intensität. Auch die Love Story trägt zu erhöhter Spannung bei. Und dann – was für ein Showdown!? Es knistert und berührt emotional. Aus heutiger Sicht klingt das Ende fast prophetisch “Irgendwann werden wir frei sein. Irgendwann…“ | |
Mi, 14.01.2009TV | Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr LiebhaberBon appetitNatürlich ist man immer noch von den total durchgestylten Bildkompositionen beeindruckt, mit Barockmusik untermalt; prozessionsartige Einmärsche und sich wiederholende Motive, wie hier der singende blonde Knabe. Das Restaurant mit Chefkoch Richard Bohringer ist in rot-schwarz gehalten, wie die Gemälde alter Niederländer, die als Wände dienen, die Toilette ganz in weiß und auch die Kleidung der jeweils Anwesenden ist entsprechend farblich gestaltet. Die Hauptfigur Albert Spica (Michael Gambon), ein echter Kotzbrocken, wäre in dem französischen Film “Das Biest muss sterben“ gut untergekommen. Seine gedemütigte anfangs sehr schweigsame Ehefrau (so offenherzig sexy wie nie Helen Mirren) ersinnt einen genialen Racheplan, nachdem Spica den Liebhaber seiner Frau von seinem Gehilfen (diabolisch gut Tim Roth) irrtümlich ’entmannen’ ließ. Sie zwingt ihn zu einer kannibalischen Aktion. Nichts für Zartbesaitete. Will uns Greenaway sagen: ’Der Mensch ist schlimmer als ein Tier?’ oder ’Das Hässliche ist eigentlich schön, das Schöne hässlich?’ Zumindest kann einem der Appetit vergehen. | |
Di, 13.01.2009TV | Wilde Zeiten auf der InselMeine Familie und andere TiereEine Mutter zieht mit ihren 4 Kindern, die so etwa zwischen 8 und 18 sind, für ein paar Jahre aus dem nasskalten England auf die Insel Korfu. Hier können alle ihren exzentrischen Marotten frönen: Gerry, der Jüngste sammelt jegliches Getier das auf der Insel kreucht und fleucht., sein Bruder Leslie ist ein Waffennarr und Hobbyjäger, Larry versucht sich als Nachwuchsschriftsteller und die pubertierende Schwester Margot entdeckt die Liebe. Über allen thront als tolerante Mutter Imelda Staunton. Verständnisvoll und liebenswürdig und stets mit einem Schuss Humor steuert sie das Familienschiff. Beeindruckend ist z.B. wie sie versucht, Gerry aufzuklären: sprachlos, hilflos, man ahnt nur, was sie meint. Ständig passieren mehr oder weniger große Missgeschicke. Egal ob es die Beerdigung eines Haustieres oder die Taufe eines kaum seetüchtigen, schiffsähnlichen Badebottichs ist, alles geht stilvoll und distinguiert vonstatten. Mit Witz und Tempo fängt dieser Sommerfilm die mediterrane Atmo voll ein. | |
Mo, 12.01.2009TV | Zwischen Himmel und HölleCrash der KulturenDer anfangs bildgewaltige dritte Teil der Oliver-Stone-Filme über Vietnam schildert aus der Sicht einer Frau( toll Neuling Hiep Thi Le) das grausame Geschehen. In ihrer Biographie fokussiert sich das ganze Elend des vietnamesischen Volkes. Auch ein anfangs sanfter Tommy Lee Jones versucht sie von ihren Alpträumen zu befreien. Die Ehe kann nicht gut gehen, denn auch er ist durch sein blutiges Handwerk traumatisiert. Die Tophits der 60er Jahre geben der Handlung, die auf Tatsachen basiert, zusätzliche Authentizität. Einige ironische Seitenhiebe auf die amerikanische Überflussgesellschaft schaffen etwas Distanz zum ablaufenden Drama. So überraschend wie Tommy Lee Jones von der Bildfläche verschwindet, so seltsam muten uns Europäern die buddhistischen Erklärungen an, mit denen Stone am Ende aufwartet. Und so verflacht der Film, der unheimlich stark beginnt, in der zweiten Hälfte zu einem Rührstück mit folkloristischen Elementen. | |
Mo, 12.01.2009TV | Chanson d\'amourGegensätze ziehen sich anDer deutsche Titel ist ein wenig abgegriffen, das Original “Als ich Sänger war“, trifft den Inhalt genauer. Wenn es stimmt, dass sich Gegensätze anziehen, größere als hier sind kaum vorstellbar. Er (Gérard Depardieu) ist schon in die Jahre gekommen, hat Rettungsringe angesetzt, tönt seine etwas längeren Haare und ist wirklich kein gut aussehender Mann, dessen Karriere als Sänger (er singt selbst live) langsam zu Ende geht. Sie (Cécile de France) dagegen ist sehr attraktiv, jung, blond, trägt Kurzhaarfrisur und ist beruflich erfolgreich. Darüber hinaus ist er ja bekanntlich ein Weltstar, sie dagegen ein Nobody. Wie die beiden zueinander finden, ist sehr sensibel inszeniert, mit geschliffenem verbalen Schlagabtausch garniert, und man bleibt erstaunlicherweise bis zum Schluss im Unklaren, ob es mit den beiden klappt oder nicht, obwohl sie anfangs schon mal zusammen im Bett waren. Besonders beeindruckend sind die stillen, wortlosen Passagen am Ende, in denen beide uns nur durch ihr Mienenspiel mitteilen, was in ihnen vorgeht. | |
Fr, 09.01.2009TV | LéoloEine liebenswert schräge FamilieEin Film aus der nur spärlich gefüllten Kiste, die mit ’Dramödie’ beschildert ist. Der Ich-Erzähler aus dem Off begleitet die Handlung mal erläuternd, mal kindlich naiv, dann wieder belustigend derb bis hin zu lyrischen Passagen. Alle Mitglieder von Léolos Familie ticken jenseits des grünen Bereichs und gleich zu Anfang ist sein Zeugungsvorgang einmalig, nicht nur in der Kinogeschichte. Skurrile Situationen, wie der Versuch den Großvater zu ermorden, den er liebt, wechseln sich mit geträumten Szenen ab, weit weg nach Italien oder zu seiner geliebten Bianca, wenn er durch eine lichtdurchflutete, halboffene Tür blickt. Und immer wieder hämmert er uns den Satz ein “Weil ich träume, bin ich nicht verrückt.“ Während seiner Pubertät erlebt Léolo “Sex zwischen Ignoranz und Horror.“ Dabei geht es nicht zimperlich zu: es wird geschnüffelt und um Sodomie gewettet bis an die ekelerregende Igitt-Schmerzgrenze. Eine vielseitige musikalische Begleitung von Mönchsgesängen über Tom Waits bis hin zu den Rolling Stones erhöht das Seherlebnis. Ein kanadischer Film, der die Grenzen des europäischen Kinos nicht nur sprengt, sondern über sie hinausgeht und Neuland betritt. | |
Do, 08.01.2009TV | RestorationVor 400 Jahren wie heuteDer Aufstieg und Fall des Arztes Merivel (Robert Downey Jr.) unter König Karl II. (Sam Neil) im England des 17. Jahrhunderts ist ein Kostümfilm der besonderen Art. Seine beiden Oscars hat er wirklich verdient. In der prallen Handlungsfülle sieht man die abstoßend beeindruckenden Auswirkungen der Pest und den bildgewaltigen Brand von London, aber auch Dinge, die uns heute vertaut sind wie Hütchenspiel und Kaiserschnitt. Hochkarätig besetzt (Hugh Grant, Ian McKellen u.a.) bietet der Film beste Unterhaltung, und das nicht nur weil er die Romanvorlage so gut umgesetzt hat. Er fügt die Handlung so wunderbar kreisförmig zusammen, sodass alte Freunde/Feinde in neuen Abhängigkeiten wieder aufeinander treffen. Es ist eine von Downeys besten Rollen. Sein ausschweifender Lebenswandel wird überzeugend freizügig dargestellt und ist ein Sinnbild für eine Epoche im Umbruch, die der heutigen Zeit sehr ähnlich ist. Durch den kurzen äußerst beeindruckenden Auftritt von Meg Ryan (Katherine), als psychisch Kranke – eine völlig unerwartete Besetzung, die man so von ihr nie wieder gesehen hat - erhält der Film Tiefgang und eine zusätzliche Dimension. Es sind Gleichnisse in Bild und Wort versteckt, die ein mehrmaliges Anschauen rechtfertigen. | |
So, 04.01.2009TV | AbbitteAbbitte - zu spätZugegeben, die Musik nervt etwas und als Untermalung, die punktgenau absetzt, wenn die Handlung stoppt, wirkt das etwas antiquiert. Aber wenn man die lange Exposition durchgestanden hat, während man ahnt, dass da pubertäre Verleumdung im Spiel ist, baut sich langsam aber beständig eine gewisse Spannung auf. Man wird durch eine englische Klassengesellschaft geführt, in der auch ein fieser Plutokrat seinen Platz hat, der früher einmal der Vergewaltiger war und dann später sein Opfer heiratet. Der Film lehnt sich sehr eng and den Roman an. Hier wie dort werden die zwei entscheidenden Szenen nur ganz kurz und schlecht zu erkennen dargestellt. Aber in der letzten halben Stunde entsteht eine erstaunliche Dichte. Als dann Vanessa Redgrave als Autorin eine äußerst überraschende Wende anbietet, merkt man, wie hier mit dem Titel gespielt worden ist: ein Roman, ein Spätwerk, das auch ein Erstling hätte sein können, der den beiden Liebenden das gewährt, was ihnen im Leben nicht vergönnt war. Das ist deshalb so ergreifend, weil man zuvor die verbale Entschuldigung der Übeltäterin miterlebt hat. So genießen wir in der Realität das Happyend mit Genugtuung wohl wissend, dass es eigentlich ganz anders war. Sehenswert. | |
Sa, 03.01.2009TV | GerminalSozialistischer Traum zerplatztIn expressiven Bildern, die in ihrem hell-dunkel Kontrast an die Industriegemälde von Menzel erinnern, schildert Regisseur Claude Berri die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Kumpel vor einhundert Jahren. Heute erscheint es fast unvorstellbar, wie Männer, Frauen und Kinder damals in den Gruben malocht haben und ums nackte Überleben kämpfen mussten. Der Film zeigt eine sehr komplexe Situation, viele Facetten des Alltags, dessen heimisches Zentrum die Küche war, in der die ganze Familie u.a. auch badete, und alle wussten, was es bedeutete, wenn Vater und Mutter angeblich in der Wanne waren. Viel Raum nimmt auch das Freizeitverhalten ein mit Tanz und Liebe. Durch die eindrucksvolle Darstellung von Einzelschicksalen steigt der begründete Unmut in der Arbeiterschaft ebenso wie im Zuschauer. Und so läuft alles auf eine blutige Auseinandersetzung hinaus, in deren Verlauf der Held überraschend sein Leben verliert. Bei den reichen Grubenbesitzern, die Flusskrebse und Fasan verspeisen, versteckt sich das fehlende Verständnis für die Arbeiter hinter festgefahrenen Vorurteilen. Hier entsteht ein fast humorvoller Gegensatz zwischen den Dialogen und den Bildern. Einziger Kritikpunkt sind die zahlreichen, langen, theoretischen Diskussionen über verschiedene Revolutionsansätze. Die ziehen sich hin und nehmen die Spannung etwas. | |
Mi, 31.12.2008TV | Am Anfang war das FeuerKampf ums FeuerEiner der besten Filme, die uns die Steinzeit nahe bringen. Wissenschaftlich fundiert, mit großartigen Aufnahmen und sogar einer Handlung, die nicht ganz ohne Spannung ist, ohne sich allzu weit von einer Doku zu entfernen. So kann man sich diese ferne Vorgeschichte des Menschen vorstellen, so hätte es wirklich sein können. Eine eigene Sprache, die meist aus gutturalen Lauten oder gefühlsmäßig betonten Schreien und wilden Gesten besteht, und ein eigens dafür geschultes Team von damals noch unbekannten Schauspielern lassen diese graue Urzeit lebendig werden. Die zentrale Frage ist: wer das Feuer hat, hat die Macht und kann überleben. So auch der Originaltitel “Kampf ums Feuer“. Die zierliche Rae Dawn Chong steht im Mittelpunkt der Handlung und erreicht eine human-genitale Verhaltensänderung beim Koitus: nicht wie bisher die vom Tierreich übernommene Stellung ist es, sondern die Hinwendung zum Partner face-to-face. Lehrreich, interessant und unterhaltsam, was für eine gelungene Mischung. |
Mi, 14.02.2024 von amd2064
Schöner Film ! Regt zum nachdenken an ! Sind sicher einige in gleicher Lage
Fr, 02.02.2024 von rüdiger.baehrens
.... diese Aneinanderreihung von vielen Kurzfilmchen bis über Mitternacht hinaus.
So, 19.11.2023 von frge
Das muss man sich nicht antun. So viel überzogene Mimik von der Jury geht garnicht. Die Masken ...
So, 06.08.2023 von WoWie
Wer sich für die Lausitz von oben im wahrsten Sinne des Wortes interessiert, findet hier absolut ...
Di, 31.01.2023 von DanielAK
Die Geschichten sind toll erzählt, berührend, glaubhaft, spannend, emotional. Die Schauspieler ... mehr