Do, 19.12.2024, 23:55 Uhr - 02:25 Uhr | SRF 1
Der Römer Ennio Morricone hatte keine typische Kindheit. Er wollte Arzt werden, aber sein Vater, der Mitglied einer Tanzmusikkapelle war, wollte, dass er das Konservatorium besucht. So lernte er erst Trompete und dann Komposition. Als Teenager schloss er sich der Band seines Vaters an und kombinierte seine klassischen Studien mit dem Versuch, experimentellere Musik zu machen. Nach Abschluss des Studiums wurde Morricone, um Geld zu verdienen, Arrangeur für die Popsongs von Fernsehshows, doch seinen grossen Durchbruch schaffte er mit der Musik zu den Italo-Western, die Sergio Leone mit Clint Eastwood drehte.
Im Mittelpunkt des Films steht Material, das Ennio Morricone in seinen letzten Lebensjahren vor der Kamera zeigt. Tornatore integriert den Lebensbericht des eigentlich sehr scheuen Römers nahtlos in die kurzen Kommentare anderer Interviewpartner. Sie sorgen für Abwechslung, ohne den Fluss des Films zu stören. Dazu gibt es ohne Ende Filmausschnitte, die die Wirkungsweise von Morricones Kompositionen demonstrieren, und zeigen, dass er der Komponist von Titeln war, an die man sich gut erinnern kann, die man mit ihm aber kaum noch mit ihm in Verbindung bringt. Seine Aussagen zeigen ihn als scharfsinnigen und ehrlichen Analytiker seiner eigenen Arbeit, auch wenn er vom Scheitern und verpassten Chancen spricht. So fuchste ihn beispielsweise bis ans Lebensende, dass Meisterregisseur Stanley Kubrick ihn ursprünglich einmal für die Musik von «A Clockwork Orange» hatte buchen wollen, später aber nichts mehr von sich hören liess. Dies, weil hinter Morricones Rücken Sergio Leone den Job abgesagt hatte, mochte er doch seinen Hauskomponisten nicht mit dem Amerikaner teilen.
Was Morricones undurchdringlichen Charakter betrifft, so gibt Tornatores Film auch hier Hinweise, die tief ins Seelenleben dieses genialen Musikers reichen. Es zeigt sich, dass Morricone, der schon früh von Leuten wie Goffredo Petrassi gefördert wurde, sich als klassischer Komponist nie wirklich ernst genommen fühlte. Seine ewigen Selbstzweifel rührten wohl daher, dass er von seinen Lehrern, den Vertretern der «wahren» klassischen Musik, die das Komponieren für das Kino als minderwertiges Handwerk abtaten, wenig Anerkennung erfuhr. Und obwohl er zeitlebens in beiden Welten zu Hause war, und auf dem Feld der Experimentalmusik Aussergewöhnliches leistete, hatte er das Gefühl, sich stets, auch sich selbst gegenüber beweisen zu müssen, da er Wertschätzung, Erfolg und Ruhm einzig seinen zeitlosen Filmmusiken zu verdanken hatte.
Genre | Dokumentarfilm |
Jahr | 2021 |
Land | Italien |
FSK | 12 |
Darsteller | Ennio Morricone, Quentin Tarantino, Clint Eastwood, Dario Argento, Bernardo Bertolucci, Bruce Springsteen, James Hetfield |
Regie | Giuseppe Tornatore |
Drehbuch | Giuseppe Tornatore |
Kamera | Giancarlo Leggeri |
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